Travemünde. Dass sich Uwe Cordes dazu entschied, seinen freien Brückentag am 10. Mai in Travemünde zu verbringen, war ein echter Glücksfall. Als der Hamburger an diesem Tag gegen Mittag die Promenade entlang schlendert, sieht er schon von Weitem die Traube von Menschen an der Lotsenstation. „Die Leute haben das Wasser beobachtet“, erzählt er gegenüber den LN. Als er selbst einen Blick in die Trave wirft, sieht er: „Da war ein Delfin seitlich an der Lotsenstation.“
Kurz darauf fährt das Lotsenboot raus zur See – und der Delfin schwimmt mit. Uwe Cordes ist sich sicher, dass es sich bei dem Tier um „Delle“ handelt. Der Große Tümmler taucht seit knapp einem Jahr immer wieder rund um Travemünde auf. Zuletzt war er wenige Tage zuvor, am 6. Mai, in Travemünde gesehen worden. Sein Lieblingsplatz scheint die Lotsenstation zu sein. Dort hält er sich besonders häufig auf. Außerdem vollführt „Delle“ immer wieder Sprünge und Saltos aus dem Wasser und entzückt so seine Zuschauerinnen und Zuschauer. „Und er war allein unterwegs. Das ist ja auch typisch für ,Delle’“, sagt Uwe Cordes.
Der Delfin folgt dem Lotsenboot und Uwe Cordes folgt dem Delfin. Er geht zur Mole. Vor ihm auf dem Wasser treiben an diesem sonnigen Freitag zahlreiche Segel- und Motorboote. „Zwischen den Booten habe ich so komische Wellen gesehen, die ich nicht zuordnen konnte. Und dann kam da plötzlich der Delfin und hat seine Sprünge gemacht“, erzählt er.
Uwe Cordes zückt sofort seine Kamera, die er mit nach Travemünde genommen hat. „Das ging alles rasend schnell, wie der aus dem Wasser gesprungen ist.“ Trotzdem gelingen dem Hamburger viele Detailaufnahmen von „Delle“. Der Delfin habe sich nah am Ufer aufgehalten, maximal zehn Meter von der Mole entfernt, schätzt Uwe Cordes.
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Nach seiner kleinen Showeinlage schwimmt der Delfin wieder zurück in die Trave zur Lotsenstation. Dort warten immer noch viele schaulustige Passantinnen und Passanten. Sprünge habe „Delle“ dort aber nicht mehr gemacht, berichtet Uwe Cordes. Er selbst habe das Tier an diesem Tag zum ersten Mal live gesehen. Davor kannte er „Delle“ nur von Fotos.
An Himmelfahrt waren auch schon mehrere Delfine in Heiligenhafen (Ostholstein) zu sehen. „Delle“ soll aber keiner von ihnen gewesen sein. Das hatte der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz auf LN-Anfrage festgestellt.
Auch der Däne Jesper Stig Andersen aus Svendborg verfolgt seit 2019, was der Delfin vor Travemünde treibt. Bevor „Delle“ in die Lübecker Bucht kam, hatte er drei Jahre lang in der Bucht vor Svendborg gelebt. Da hatte Andersen ihn kennengelernt. Der Däne freut sich immer, wenn ihm Fotos von seinem altbekannten Freund zugeschickt werden.
Am Himmelfahrtswochenende reiste Andersen extra nach Travemünde, um „Delle“ zu besuchen. Auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte er ein Foto, auf dem er sich seinem tierischen Freund mit einem SUP nähert.
Der Däne macht sich Sorgen um den Gesundheitszustand des Tieres. Nach seiner Einschätzung hat „Delle“ einen Hautausschlag, der sich im vergangenen Jahr verschlechtert haben soll. Das sei auf den Fotos zu erkennen, sagt Andersen. Für eine Erholung benötige der Delfin einen hohen Salzwassergehalt und möglichst niedrige Temperaturen. Dabei habe der Sommer ja gerade erst begonnen.
LN